Theaterstück: Musik ist die Seele Kambodschas

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Phnom Penh — Musik ist die Seele Kam­bod­schas”, sagt eine Fig­ur in der langersehn­ten Pro­duk­tion des Cam­bo­di­an Rock Band” von Lau­ren Yee auf der Are­na Bühne (in Zusam­me­nar­beit mit dem Alley The­atre, dem Berke­ley Reper­to­ry The­atre und dem ACT Theatre/​5th Avenue).

Die Pre­mière war voll besucht und das Pub­likum war bereit.

Die Bühne, behangen mit Schildern aus den belebten Straßen der kam­bod­sch­a­nis­chen Haupt­stadt – Nacht­markt, Dream Bar, Dr. Fish Mas­sage (keine Pira­nhas), Sher­a­ton – wirkt leer, bis eine Plat­tform here­in­rollt mit ein­er fün­fköp­fi­gen Band, die Hard Rock Songs in Khmer spielt, ange­führt von der leb­haften Sän­gerin Brooke Ishibashi.

Ich selb­st war 2007 in Phnom Penh und betra­chtete immer wieder die Wäscheleine und das Lamel­len­fen­ster über den Straßenschildern.

Takeshi Katas min­i­mal­is­tis­ches Büh­nen­bild fängt per­fekt die Hin­ter­straßen der Stadt ein.

Regis­seur Chay Yew führt das Pub­likum schnell in die Geschichte von Chum (Joe Ngo) ein, einem kam­bod­sch­a­nis­chen Ein­wan­der­er in die USA, der seine in Ameri­ka geborene Tochter, Neary (Ishibashi), überrascht.

Sie lebt in Phnom Penh, wo sie für eine nicht­staatliche Organ­i­sa­tion arbeit­et, die Kriegsver­brechen aus der Pol-Pot-Ära unter­sucht und mit ihrem thailändisch-kanadis­chen Fre­und, Ted (Tim Liu), zusammenlebt.

Neary ist entschlossen, die Iden­tität des mys­ter­iösen acht­en Über­leben­den des berüchtigten S21-Gefan­genen­lagers zu erfahren, den sie inter­viewen möchte, falls diese Per­son noch am Leben ist.

Von hier aus wech­selt die Geschichte zwis­chen der Vater-Tochter-Beziehung im Jahr 2008 und den Mit­gliedern der Rock­band Cyc­los in Phnom Penh im Jahr 1975, kurz bevor die Roten Khmer das Land nach dem Abzug der US-Stre­itkräfte und des Botschaftsper­son­als übernahmen.


Die Musik ist grandios…Die Beset­zung ist durch­weg hervorragend…

Neary glaubt, dass ihr Vater ent­täuscht ist, dass sie für eine gemein­nützige Organ­i­sa­tion arbeit­et, anstatt Jura zu studieren, und dass sie ihre Zeit in Kam­bod­scha ver­schwen­det, indem sie sich auf The­men aus ein­er trau­ri­gen Ver­gan­gen­heit konzen­tri­ert, die bess­er vergessen wäre.

Ngos Darstel­lung eines besorgten, sich ein­mis­chen­den Vaters wirkt zunächst wie eine Karikatur eines stereo­typen asi­atis­chen Charak­ters, z.B.

Mick­ey Rooneys Mr. Yunioshi in Früh­stück bei Tiffany”.

Dies ist sicher­lich beab­sichtigt und soll das Pub­likum mit Humor ent­waffnen, bevor es uns wieder in die Hor­rorgeschichte der Roten Khmer stürzt.

Der schnelle Tonwechsel ist verblüffend und wiederholt sich im gesamten Stück.

Auf dem Weg werden wir von einer Art Zeremonienmeister (Francis Jue) begleitet, der sich als der berüchtigte Duch, Kommandant von S21 unter Pol Pot, entpuppt.

Der Anführer der Roten Khmer wurde durch die internationale Präsenz in Schach gehalten und übernahm schnell nach dem Rückzug der Amerikaner und ihrer lokalen Verbündeten - zu denen Chums Eltern und Geschwister gehörten, von denen keiner den Todesfeldern entkommen konnte, außer Chum.


Fünf der sechs Darsteller übernehmen auch Rollen als Mitglieder von Cyclos (einschließlich des Schlagzeugers Abraham Kim und der Keyboarderin Jane Lui) und spielen mit voller Hingabe Rockmusik im Stil der 70er Jahre, die von Dengue Fever (denguefevermusic.com) komponiert wurde.

Die Musik ist hervorragend und eine perfekte Metapher für das Leben im Kambodscha von 1975, einem Land, das sich von dem Zweiten Indochinakrieg (auch Vietnamkrieg genannt) erholte und dessen optimistische Jugend von der westlichen Kultur und der Protestmusik der 1960er bis frühen 70er Jahre beeinflusst wurde.

Aber Musiker, zusammen mit anderen Künstlern und Intellektuellen, waren frühe Ziele von Pol Pot, und der zweite Akt des Stücks führt uns ins Jahr 1978 und das Leben unter dem Regime der Roten Khmer.

Eine wunderbar bewegende Szene findet im zweiten Akt statt, als ein Gefangener in S21 Bob Dylans "The Times They are A-changing" für Duch singt in dem Versuch, seiner Todesstrafe zu entkommen.

Die Besetzung ist durchweg hervorragend, vom charmanten, aber beängstigenden Francis Jue bis zum unglaublich vielseitigen Joe Ngo.

Brooke Ishibashi ist überzeugend als Neary, aber strahlend als die Sängerin Sothea.


S21 wurde in ein Museum umgewandelt, das an den Völkermord erinnert.

Als Vater und Tochter sich im zweiten Akt in dem Raum treffen, in dem so viele Menschen ermordet wurden, ist Neary überrascht zu sehen, dass es nur ein gewöhnlicher Raum ist - genau wie die Fische, die angeblich die abgestorbene Haut von deinen Füßen fressen sollen, einfach nur gewöhnliche Fische, die hungrig genug sind, alles zu fressen.

Neary fragt sich, wie sie nicht gewusst haben könnte, was ihr Vater erlebt hat, bevor er aus Kambodscha herauskam.

"Ich habe dich aufgezogen, damit du es nicht weißt", antwortet er.

Das Bedürfnis zu vergessen und die Erlösung durch das Erinnertwerden sind Themen, die das ganze Stück durchziehen.

Wie Duch uns erinnert: "Wer die Geschichte erzählt, erzählt die Wahrheit."

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